Die Orangerie

Ansich der alten Orangerie von Hanu Philippsruhe

Das schönste und bekannteste Überwinterungsquartier für Citruspflanzen ist und bleibt die Orangerie. Nur wenige Leute haben bisher eine ´Alive-Orangerie´ gesehen, sprich eine Orangerie die noch also Überwinterungsquartier für Citruspflanzen benutzt wird. Die meisten aber kennen die hohen, lichten Räume, mit den oft charakteristischen hohen Rundbogenfenstern, die sich zumeist als Erdgeschossbau mit großen Türen in der Mitte und am Ende auf der Ost-West Achse eine ehemaligen Herrschaftlichen Anlage erstrecken.
Leider sind viele dieser Bauten inzwischen zu Galerien, Restaurants, Ateliers oder anderen gesellschaftlichen Räumen umgestaltet oder fremdbenutzt. Und diese Räume lernen wir dann so kennen. Schöne Orangerien besitzt Schloss Philipsruhe in Hanau, die Orangerie im englischen Garten zu München, die alte Orangerie in Darmstadt, und viele andere. Orangerien, die noch Citruspflanzen beherbergen sind jedoch selten geworden, wie in Herrenhausen bei Hannover, Schlosspark Schwetzigen und die neue Winterung in Darmstadt möchte ich als Beispiel anführen.

Die alte Orangerie im Kloster Seligenstadt

Und für alle, die sich für Orangerien interessieren, es gibt eine Arbeitsgemeinschaft, die sich um den Erhalt und Betrieb der Orangerien kümmert, die zudem viel Informationen zum Thema bereitstellt.
Und für alle anderen möchte ich hier mit dieser Seite einen kurzen Einblick auf dieses interessante Thema bieten, gerade was Citruspflanzen in Orangerien betrifft. Zunächst müssen wir uns aber davon lösen, daß eine Orangerie nur Citruspflanzen aufgenommen hat. Viele andere wertvolle Kübelpflanzen und andere exotische Pflanzenraritäten wurden darin kultiviert und vor der Winterkälte geschützt. Alte Schriften, wie die von Commelyn oder Johann Chr. Volkamer geben hierüber Aufschluß. so beschreibt im frühen 18. Jahrhundert zum Beispiel Johann Christoph Volkamer in seiner Fortsetzung zu seinem Buch ´Nürnbergische Hesperides´ die Kultur der Ananas. Andere zeitgenössische Schriften belegen die Kultivierung von Granatapfel, Oliven, Palmen, Kaffee und auch Bananen. Die Orangerie bot als Vorläufer der heutigen Gewächshäuser diesne Pflanzen Schutz vor Witterung und Winterkälte.

Stich von Oliven in Volkamers Werk

Im Sommer fanden diese Pflanzen dann zumeist Platz in einer Gartenanlage, wo diese an besonders markanten Stellen aufgestellt und so präsentiert wurden.
Nimmt man die Bücher von Johann Chr. Volkamer - hier im Weiteren kurz als "der Volkamer" oder nur "Volkamer" bezeichnet - mal aus Basis, so ist die klassische Orangerie, die Volkamer als Pomeranzenhaus bezeichnet kein fester Bau, wie wir das kennen. Es ist mehr ein fester Platz, oft mit Steinplatten ausgelegt. Säulen oder Säulenfundamente können Stützen für eine auf und abbaubare Dachkonstruktion aufnehmen, wo dann auch Seiten und Frontwände eingehängt werden. Luxuriösere Anlagen besitzen eine feste Hinterwand und eine oder zwei Seitenwände, wie man diese sogar heute noch finden kann.

Volkamers Pomeranzenhaus in Nuernberg Glosterhof

Hier wurden dann meist Deckenträger aufgelegt und Dachelemente im Herbst aufgelegt, und die Pflanzen wurden dann auf den festen Untergrund aufgestellt. Dieser umgrenzte Raum bot Schutz vor wind und Wetter, und auch einen begrenzten Frostschutz vor den ersten leichten Frösten. Erst später wurden dann die Frontwände angebracht. Wie bei Decken- Seiten und sonstigen Bauelementen waren diese aus Holz gefertigt. Insbesondere die Frontwände, wie auch ab und an Seitenelemente enthielten dabei große Glasfenster. Da man damals im Gegensatz zu heute keine großen Glasplatten anfertigen konnte, bestanden diese Fenster aus vielen kleinen zumeist quadratischen Einzelelementen, die mittels Holzleisten oder Bleiverguß zu einer großen Scheibe zusammen gesetzt wurden. Und trotzdem darf man sich diese Scheiben nicht so vorstellen die die heute gebräuchlichen Fenstergläser. Oft hatten die Schieben einen weißlichen oder gelblichen Stich, weil die Glasschmelze noch nicht auf so reine Rohstoffe setzte, oder die entsprechenden Glasreinigungsprozesse verfügte. Durch diese milchigen Scheiben war also das Licht in der Orangerie auf am Tage nicht gerade hell, sondern eher trübe und diffus. Eine Orangerie war als für damalige Verhältnisse hell und licht, für heutige Auffassungen aber eher trübe. Man kann sich das so vorstellen, wie ein mit Folie abgedecktes Treibhaus, oder mit Schattierungsfarbe bemaltes Glasdach. Also selten kam durch die Glasfronten mehr Licht, als vergleichsweise durch moderne Kunststoffoberlichter....
Ein solches abschlagbares Pomeranzenhaus glich daher in vieler Hinsicht der am Gardasee zu entdeckenden Limonaia, deren Aufbau und Struktur sehr ähnlich war, ja heute noch ist.
Die abschlagbaren Pomeranzenhäuser waren bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts die übliche Überwinterungsmethode. Im Grund kann man sich diese "Gebäude" asehr oft als eine Art einfache Bretterbude vorstellen, die um die Pflanzen herum aufgebaut wurde, und im Sommer wieder entfernt wurde. Die Insel Mainau überwinterte lange Zeit kostbare Pflanzen bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts Ihre Pflanzen auf diese Art. Erst das neue große Glashaus ersetzte die alten Holzkonstrukte und schuf einen besseren Überwinterungsort für die Vielzahl an nicht winterfesten Pflanzen am Schlossparterre. Es gab aber auch komplexere Fachwerkkonstruktionen, die stabiler waren, doch immer noch irgendwie wie ein Schuppen aussahen. Erst ab der Mitte des 18. Jahrhunderts, wo man die Räumlichkeiten im Sommers für Gartenfeste, oder im Winter als Wandelhaus benutzte, kamen die fest gebauten Orangeriebauten auf, die wir heute kennen.

Ansich der alten Orangerie von Darmstadt

Zeitgleich wurden oft solche festeren Bauten mit Glas- und Treibhäusern ergänzt, oder eigenständige Glas- und Treibhäuser errichtet. Leider rücken damit auch die Citruspflanzen immer weiter in den Hintergrund, da im späteren Verlauf der Gewächshauskultur man sich auch auf Blütenschönheiten wie Orchideen oder andere exotische Blütenpflanzen festlegte.
Doch zurück zu den abschlagbaren Pomeranzenhäusern oder Winterungen, oder den moderneren festen Orangerien.
Kritisch war in diesen Gebäuden die Belüftung als auch die Heizung. Man heizte damals mit Kleinen in die Rückwand eingelassenden oder dort aufgestellten Öfen den Innenraum. Größere Anlagen hatten auch eiserne Öfen, die auf Rollen im Innenraum beweglich aufgestellt werden konnten. In Italien benutzte man rauchfreie Holzkohlebecken, doch im raueren deutschen Klima waren diese Heizungen kaum nützlich. Größere Orangerien und feste Bauten, die auch im Winter als Wandelgang genutzt wurden, hatten oft fest gemauerte Öfen, die mit Kacheln oder anderen Ornamenten verziert waren, ansonsten genügten oft fest gemauerte schlichte Öfen. Leider hatten diese einfachen Öfen, auch wenn es eine große Zahl war, keinen harmonischen Heizeffekt. Die Wärme war an der Nordwand, wo die Öfen standen am größten, vorn an der Südwand am geringsten, was zu Tauwasserbildung führen konnte. Daher bedurften die Öfen Geschick in der Feuerführung und damit in der Heizleistung. Heizte man zu stark, so schwitzte das Holz und die Pflanzen litten unter der Hitze, heizte man zu wenig, konnte der Frost die Pflanzen schädigen. Die einfachen Öfen verlangten daher vom Orangerie Gärtner ein gewisses Fingerspitzengefühl und rund um die Uhr Aufmerksamkeit. Neue Ofenbauarten, wie die Bauarten mit dem ´faulen Heinz´ machten ein so peinlich-genaues Nachfeuern nicht mehr nötig, denn der Ofen versorgte sich aus einer Brennstoffreserve sozusagen selbst. Das änderte aber nichts an der Unharmonischen Wärmeverteilung.
Da diese Wärmeverteilung in den Orangerien nicht so gleichmäßig war, und oft auch stärkere Temperaturschwankungen herrschten, versuchte man möglichst die Holzelemente gut abzudichten und das Dach zu isolieren. Dies geschah, z.B. in den Limonaias am Gardasee mittels auf die Dachelemente aufgelegter Grassoden. Stroh wurde in Spalten gestopft, zum Teil mit Lehm verstrichen. Die Front und Seitenelemente wurden meist mittels Lehm verfugt. Es soll Orangerien gegeben haben, die innen vollständig mit Stroh isoliert wurden. Bei fest umbauten Winterungen und späteren Orangerien hinterbaute man oft die Nordwand mit Heizgängen, und sorgte so für zusätzliche Isolation, desweiterne sorgten Anbauten an den festen Seitenwänden auch für Isolation. Oft fanden sich auf der Nordwand dann auch noch Lagerräume, war die nicht der Fall so sorgte man durch eine entsprechende Ausführung der Nordwand in Dicke, oder Mehrschichtigkeit für entsprechende Isolation. Diese baulichen Vorteile sorgten dann immer weiter Anfang des 18. Jahrhunderts dafür, daß die Holzkonstruktionen eher festeren Bauten weichen mussten. Doch auch bei der Beheizung fand man neue Methoden. In einigen Limonias am Gardasee soll es ähnlich Römischen Thermen und Herrenhäusern Fußbodenheizungen gegeben haben. Diese Fußbodenheizung wird auch von Volkamer erwähnt, jedoch eher in Bezug auf die sogenannte Kanalheizung.
Diese kann man sich folgend vorstellen: Der Unterbau der Orangerien bestand zumeist aus Sand oder gestampftem Lehm, darüber dann entweder eine Lehmschicht als Boden oder Steinplatten. Diese Bodenbauformen wurden gewählt, um Gieß und Schwitzwasser gut abführen zu können, damit sich keine Staunässe bilden konnte. Alte Orangerien litten daher unter Fußkälte, was oft Schattierungen gegen übermäßige Erwärmung durch Sonnenlicht nötig machte. Die großen Fenster wurden dann mittel Vorhänge oder Fensterläden verschlossen. Die Fensterländen und Vorhänge waren zudem eine zusätzliche Einrichtung gegen Kälte, da sie die Fensterflächen zusätzlich isolierten. So versuchte man durch bessere Öfen diesen Nachteilen beizukommen, doch die Kanalheizung war wohl das wahre Non-Plus-Ultra. In den Lehm- oder Sandboden wurden Kanäle eingegraben und mit Tonziegeln ausgelegt. Diese wurden dann mittels Dichtmaterialen, wie Lehm, Ton, Mist oder Asphaltstoffe luftdicht verschlossen. So vom zentralen Rauchgaskanal, dem Wolf, der direkt vom Ofen unter den Boden reichte, verteilte man die heißen Rauchgase der Feuerung in die Kanäle, die nun unter dem Boden lagen. Diese Kanäle vereinigten sich im zentralen Abgaskanal, dem Fuchs, der in den oder die Schornsteine mündete.
Es gab nun eine Reihe von warmen Linien unter dem sonst kalten Boden, und man bevorzugte die Kübel auf diese Kanäle zu stellen, weil man festgestellt hatte, wie positiv sich diese Wärme auf die Pflanzen auswirkte. Volkamer empfiehlt diese Heizungsbauart insbesondere für die Glashäuser, die Nachfolger der Holzbauten mit mehr Fensterfläche, die schon richtigen Gewächshäusern ähnelten. Die Kanalheizung dürfte aber noch einen weiteren Effekt gehabt haben: Das Erdreich, sprich der Sand, Lehm oder sonstiger Unterbau erwärmte sich ebenso, so daß nicht nur über die Kanaloberfläche Wärme abgestrahlt wurde, sondern auch der Boden insgesamt wärmer wurde, was wohl die Erwärmung des Innenraums der Orangerie wesentlich harmonischer gemacht hat, als die alten Öfen... Leider setzte sich die komplexe Bauart nicht durch man auch und man führte den Kanal nur rund um die Aussenwände, was nicht wesentlich gegen die Fußkälte half, zumindest aber die Aussenwände weniger Kälte abstrahlen ließ. Zudem ermöglichte diese Bauweise das Anlegen von Beeten direkt im Orangerieboden, wie Mistbeete oder Einsenken der Pflanzen ins Erdreich.
Die Belüftung war eine andere Sache. Zunächst bediente man sich damit, Teile der Holzverschalung zu demontieren, und je nach Witterung und Klima zu montieren, später kam nin die Seitenwände verschließbare Fensterchen, oder hölzerne Türchen. Solche Lüftungstüren sind in dem Beitrag zu den Limonaia des Gardasee zu finden. So konnte man durch Öffnen dieser Fenster oder Türen entsprechend lüften, doch viele Pflanzen durften bei unvorsichtiger Behandlung dieser Öffnung durch Durchzug schwer gelitten haben. Auch im Dach oder in oberen Elementen eingelassenen Lüftungsöffnungen versuchte man, der Frischluftzuführung in die Winterung Besserung zu verhelfen. Mit den modernen, festen Orangerien gelingt es, mit Klappfenstern oder verschließbaren Lüftungsöffnungen eine bessere Belüftung zu integrieren, und mit der Kanalheizung gelingt so eine nicht unerhebliche Harmonisierung des Überwinterungsklimas, welches ja kalt, also frostfrei nur sein sollte. Volkamer zum Beispiel empfahl daher auch das Ausbringen von Mistbeeten, um in den modernen Glashäusern für die nötige Fußwärme zu sorgen, um so Frucht- und Blattfall vorzubeugen.
Leider hatten die Kanalheizungen auch Nachteile: Die Deckenziegel brachen oder die Fugen leckten, so daß die Rauchgase ins Innere der Orangerie zogen und so nicht unerheblich die Pflanzen schädigten. Die Kanalheizungen bedurften daher eine peinlichen Inspektion und Wartung, als die alten Öfen. Doch Ihre Vorteile überwiegten wohl, und laut Berichten wurden doch viele Orangerien mit diesen Anlagen versehen. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts versuchte man sich in Warmwasser und Dampfheizungen, doch diese Anlagen haben sich erst im 20. Jahrhundert durchsetzen können.
Anfügen muss man jetzt, daß viele moderne Winterungen oder neu genutzte Orangerien oft einer Erwärmung des Fußbodens magelt. Sprich alte Orangeien, welche wieder genutzt werden, fehlt eine entsprechende Kanal oder Fußbodenheizung, auch moderne Winterungen und viele Gewächshäuser bekommen zwar Heizungen, aber keine Fußbodenheizungen - dies ist der Kultur der Citruspflanzen nach den Vorgaben Volkamers wenig zuträglich. Viele dieser wieder genutzten Gebäude und Winterungen nutzten normale Radiatoren zur Lufterwärmung, aber eine den Pflanzen zuträglichere Erwärmung des Bodens findet nicht statt. Es kommt daher oft zu winterlichen Frucht oder Blattfall...

Citrus in Kuebeln in der Winterung

Die Citruspflanzen wurden in der Orangerie gemäß Kälteempfindlichkeit aufgestellt. Pomeranzenbäume standen dabei zumeist ganz vorn, wo sich aufgrund der hinten liegenden Öfen am wenigsten Wärme fand. Die Zitronen kamen ganz nach hinten, in die Nähe der Öfen. Oft wurden die Pflanzen sogar auf Treppenartige Holzgestellt aufgestellt, um die Pflanzen vor der bodenkälte zu schützen. Alle Orangerien hatten im Inneren ein Wasserreservoir, um die Luft feucht zu halten und auch im das nötige temperierte Gießwasser zu bevorraten. Oft waren es nur Holzfässer, die manuell befüllt wurden, anderen Ortes waren es in die Wand eingelassene Brunnen oder Zisternen.
Auch andere Anlagen sind zu finden, wie Kräne oder Fundamente um Kräne und Flaschenzüge zu montieren. Diese Fundamente und Hebeanlagen dienten dazu, die schweren Kübel und Gefässe zu heben, also die Pflanzen umzutopfen oder aber auf Transportmittel wie Fuhrwerke zu heben. So konnten die Pflanzen in die gärten transportiert werden, oder von Transportmitteln entladen werden. An der alten Orangerie von Darmstadt findet sich sogar noch ein fast kompletter Pflanzturm, wo die Pflanzen mit einem Flaschenzug angehoben und so verpflanzt wurden.

Pflanzturm in Darmstadt

Anderen Ortes war die Treppenmethode zum Umtopfen gebräuchlich. Mit einem einfachen Flaschenzug wurde die Kübelpflanze umgelegt und vorsichtig über eine Kante geschoben. Nun konnte der Topf abgezogen werden. Dabei wurde zumeist auch der Wurzelballen inspiziert. Nun stand unter der Stufe ein weiterer Topf oder Kübel und die Pflanze wurde über die abgerundete Treppenstufe vorsichtig in den Topf abgelassen. Der schwere Ballen kippte dabei die Pflanze so dass sie sich Wurzeln voraus in den Topf ablassen ließ. Die Krananlagen waren zumeist simple Holzgerüste, die heute nicht oder nur selten noch zu finden sind, hingegen sind die Fundamente oder Umtopfstufen noch hie und da zu finden. Leider wurden aber auch viele Umtopfstufen abgebrochen.
Auch die Orangerie Pflanzengefässe waren oft etwas besonders. Bediente man sich italienischer Terrakotta, so gewannen auch Keramische Porzellangefässe an Bedeutung, zumal für kleine Schmuckpflanzen. Doch bei großen Pflanzen blieb es bei hölzernen oder Tönernen ´Geschirren´. Bei tönernen Töpfen die hartgebrannte Tongefässe am weitesten verbreitet, oft sogar nach italienischem Vorbild noch mit Ornamenten verziert. Doch berühmt wurden die Hölzernen Kübel mit zum Teil demontierbaren Seitenwänden nach Französischem Vorbild. Diese so-genannten Versailler Kübel nahmen nicht nur große Citruspflanzen auf, sondern auch Palmen, Granatäpfel und andere großballige Pflanzen wurden in diese Töpfe gesetzt. Durch eine besondere Konstruktion konnte man zwei oder alle vier Seitenwände einzeln oder kombiniert abnehmen. Dadurch war eine Kontrolle des Wurzelraumes, als auch ein teilweiser Austausch des Pflanzsubstrates möglich. Diese Kübel hatten nicht so den Zierwert wie die Ton- oder Porzellangefässe, doch waren diese einfacher herzustellen und zu warten. Ansässige Schreiner und Tischler konnten ganze Seitenwände rasch anfertigen und so beschädigte oder alte Gefässteile erneuern, was meines Erachtens nach ein Vorteil gegenüber dem zerbrechlichen ton war. Zeitgenössische Schriften berichten zwar, dass Ton das bessere Pflanzegefäss war, weil Flüssigkeit durch die Wandungen verdunsten konnte. Heute weiß man, dass diese Verdunstung geringer ist als damals angenommen, als auch Holz ein zuviel an Feuchte nach Aussen abführte, auch die Fugen der Leisten liessen Feuchtigkeit nach aussen verdunsten. Auch dürften die Holzgefässe insgesamt stabiler gewesen sein. Sprich sie waren gegenüber Transportschäden, wie beim jährlichen aus- und Einräumen in die Winterung, weniger schadanfällig als die brüchigen Tonkübel.
Doch in Italien sind extrem große Tongefässe noch heute in Gebrauch, wie die Pflanzungen im Garten von Oscar Tintori belegen, hier sind die Holzgefässe nicht zu finden. Obwohl es Abbildungen in Ferraris Citrusbuch aus dem 17. Jahrhundert gibt, wo Pflanzen in halben Holzfässern dargestellt werden.
Wichtig für die Kübel war aber immer, dass diese einfach zu heben und damit zu transportieren waren. So hatten Pozellangefässe zumeist zwei Henkel,wo Hebemittel angesetzt werden konnten. Tongefässe hatten einen vorgekragten Rand, wo eine Halteschnur umwunden werden konnte. Versailler Kübel hatten seitliche Metallösen für Trageschirre, oder Holzfüsse, so dass unter dem Kübelhebehilfsmittel angebracht werden konnten.

Heutige Orangerien, oft aufwendig restauriert, haben moderne Krankheiten. So wird oft die Kanalheizung durch eine moderne Zentralheizung ersetzt, dabei oft wenig Wert auf einen warmen Boden gelegt. Der alte Lehmboden wird mit Fliesen versiegelt, was im Winter Bodenkälte und mangelnde Erwärmung des Bodens nach sich zieht. Schlimmer ist jedoch, dass oft Schattierungen, wie Fensterläden oder Vorhängen nicht mehr einrichtet. Auf alten Bildern, wie der Orangerie Schwetzingen sind die Fensterläden zu erkennen, im restaurierten Zustand sind diese nicht mehr angebracht. Meiner Meinung nach ein Fehler, denn die neuen Scheiben lassen mehr Sonnenlicht und damit mehr Wärme in den Innenraum, was zu Blattfall und Fruchtfall führen könnte. Daher gehören diese Läden als Kälteschutz und Schattierungsmöglichkeit einfach zur normalen Orangerieausrüstung dazu.
Auch die modernen Klarglasscheiben lassen nach einer Restaurierung mehr Licht hindurch als die alten Scheiben, etwas was man auch bedenken muss. Moderne Verputze und Verfüllungen der Fachwerkbauten haben zudem oft einen negativen Effekt auf die doch eher klimatisierenden alten Füllstoffe aus Stroh und Lehm.
Es gilt daher das alte Wissen nicht nur zu bewahren, sondern auch konsequent in diesen Gebäuden weiter beizubehalten und zu leben. Denn Blattfall an Citruspflanzen in einer Orangerie hat es früher nicht gegeben, es ist also ein Zeichen eines Winterungsfehlers, hier muss besser belüftet und vielleicht auch schattiert werden. Man kann keine Orangerie einer elektronischen Regelanlage die nur die Heizung steuert, überlassen. Schattieren, Bewässern und die richtige Pflanzenpflege gehört ebenso dazu, wie die saubere Restauration..
Schade ist auch, wenn Orangerien für viel Geld aufwendig restauriert werden, nur um dann fremdgenutzt zu werden, oder erneut als Lagerraum erneut missbraucht zu werden.

Neue Orangerie in Darmstadt

Zum Schluss ein Dank an die Stadtgärtnerei zu Darmstadt, insbesondere an Herr Barth. Ich durfte die dortige neue Orangerie, die insgesamt noch rund zwei Dutzend Citruspflanzen beherbergt besuchen und viele interessante Informationen erfahren. Alle Bilder entstammen der dortigen Orangerie, und sind ein Beispiel dafür, wie noch heute eine ´Alive-Orangerie´ aussehen kann.
Vielleicht noch zum Schluss ein Link, der mir am Herzen liegt und hier am Besten passt:
Das Gewächshaus für tropische Nutzpflanzen der Universität von Kassel in Witzenhausen hat auch einen Teil, der als Orangerie genutzt wird und eine Vielzahl von Citrus-Pflanzen in Kübeln und zum Teil auch frei ausgepflanzt im Gewächshaus beherrbergt.
Hier dann auch nochmals der Hinweis, auf die Limonaia am Gardasee, die den Flair des alten Pomeranzenhauses einfangen und mit mediterraner Note zur Geltung bringen, wie einst Citruspflanzen überwintert worden sind.